Zu Anfang
schien es als könnten
sie sich nicht leiden
sie vielleicht zu blond
um klug zu sein
und er zu türkisch
wie ein grummeliger
Pilz hockte er hinter
seinen 1000 Büchern
doch er fand immer
was sie nicht suchte
in seinem Wunderladen
Später schätzten sie
einander wie Verschwörer
in einer lausigen Welt
und als sie beim letzten Mal
die Blumen und Kerzen
vor verschlossener Tür fand
heulte und trauerte sie
dass sich die toten Dichter
drinnen wunderten
(Silke Vogten)
Foto:“Herr Ömer Ö. in seinem Buchladen am Eigelsteinstor“, von Silke Vogten
Das Foto von ihm entstand 2006 im Rahmen einer Reportage, die ich damals für die Kölnische Rundschau
über den Eigelstein und seine Bewohner schrieb. Hier ein Auszug:
„Ein Spaziergang führt in den Buchladen des Herrn Ömer Özerturgut, der zwischen einem Teeladen und einem Straßencafé in der Welt der Literatur zuhause ist. Seit 1980 verkauft er am Eigelstein Bücher, seit 1999 hier am Platz. Herr Özerturgut, der meist mit ruhigem Blick über den Rand seiner Brille die Kunden taxiert, zeigt sich unverhofft ungehalten und wehmütig, als er auf die Vor- und Nachteile seines Veedels angesprochen wird. „Damals! Ja, damals war der Eigelstein bunt. Arme, Reiche, Gebildete oder nicht. Damals konnte man es auch ‚Einkaufsstraße’ nennen. Aber heute? Nur noch Filialen. Auch wenn sie renovieren – das soziale Klientel ist ein anderes. Viele meiner Kunden sind wegegezogen, die kommen nicht mehr!“
Als Regiesseur, Linker und politischer Aktivist sah er sich in den 70 Jahren gezwungen, sein Land zu verlassen.
Er starb im März 2016.