Tommy Hilfiger und der Modeberater von St. Aposteln

Bei St. Aposteln
Richtung Mittelstraße
nicht weit weg
vom schmächtigen Adenauer

Der dort auf seinem Sockel thront
stand er immer
Erst alleine
dann mit Hund
dann mit Hund und Krücken

Manchmal wechselten wir ein paar Worte
wenn ich ihm eine Zeitung abkaufte
oder ihm was in den Hut warf.

„Hey, gehst aber oft shoppen“
stellte er eines Tages fest
Mit tausend Tüten in der Hand
sagte ich. „Och nööö, gar nicht so oft…!“

Mit der Krücke klopfte er auf eine Tüte
Dann meinte er:

„Alles Scheiße!
Als ich noch abends am Ring unterwegs war,
als ich noch besser laufen konnte,
Flaschen einsammeln und so,
habe ich mit denen Bekanntschaft gemacht.
Die in diesen Klamotten sind die Schlimmsten.
Hier, Tommy Hilfiger und so’ne Kacke.
Die hauen gerne drauf.
Echte Kern Assis!
Boss. Hilfnigger. Lacoste. Diesel.
Die Sorte.
Rüschen sich erst mal auf
von ihrem bisschen Kohle
bevor es irgendwann
dann auch für die
mächtig steil
bergab geht.
Die Wichser. Ha!“

„Ach? Ich sah ihn an und dann auf die Tüte.
„Kein Scherz“, sagte er.
„Ich würd‘s nicht anziehen….“

(Silke Vogten)


Fotografie: Regina Iglauer-Sander, „Karneval der Kulturen“, Berlin